Heidentum und Politik

Heiden setzen sich für ein Leben im Einklang mit der Natur sowie für die Achtung aller Lebewesen ein. Im heidnischen Gemeinwesen besteht Demokratie: Wie die vielen Götter und Göttinnen sich beraten, so tun dies die Menschen ihnen nach. Das isländische Allthing ist das älteste Parlament der Welt, die Demokratie des heidnischen Griechenland gilt noch heute als Vorbild.

Trotz dieser klaren Stellung wird das Heidentum immer wieder in Verbindung mit faschistischen Ideen oder Regimen gebracht. In diesem Zusammenhang werden die uralten Runen und einige Jahreskreisfeiern, u.a. die Sonnenwendfeste, genannt. Die heidnische Glaubensform ist jedoch viele Jahrtausende alt, während die faschistische Ideologie erst dem 19. und 20. Jahrhundert entstammt. Offensichtlich entnahm also der Faschismus einige Symbole dem Heidentum. Besonders die NSDAP und ihre "Führer" benutzten die auch in der Jugendbewegung der 20er Jahre und in der Gewerkschaft üblichen heidnischen Feiern und Symbole, um das in seinem Inneren kirchenfremd gewordene Volk anzulocken und

Lodernde Flammen

für die eigenen christlich-totalitären Ziele zu mißbrauchen. Der Kreuzzug gegen die Ungläubigen mit Inquisition und Ketzerverbrennung fand in der Neuzeit würdige Nachfolger, statt der Dominikaner, diesmal Gestapo und SS im schwarzen Ordensgewand. Wie unter Karl vor 1000 Jahren die heidnischen Ostgermanen als Sclaven verfolgt und unterworfen wurden, begann mit dem Faschismus der Kreuzzug gegen die "gottlosen" Völker Osteuropas, die als "Untermenschen" verketzert wurden.

Daß die Nationalsozialisten christlich und totalitär, nicht aber heidnisch-tolerant dachten, zeigen folgende Aussagen. Im NSDAP-Programm, Punkt 24, heißt es: "Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums". Der NS-Parteiideologe Rosenberg führt dazu in "Wesen, Grundsätze und Ziele der NSDAP" aus: "Die Geschichte Europas hat bewiesen, daß dieses im extrem antijüdischen Christentum eine Religionsform gefunden hat... Die Wahrung christlichen Lebens hat auch die NSDAP als eine wirkliche Volksbewegung unbedingt zu fordern... Über die Wegleugnung der Persönlichkeit Christi überhaupt, mit Hilfe altgermanischer und anderer Mythologien, darf man heute zur Tagesordnung übergehen". Christliche Autoren wie Martin Luther ("Von den Jüden und ihren Lügen") und Artur Dinter ("Die Sünde wider das Blut") waren für die NS-Ideologie maßgebend. Die blutige christliche Missionsgeschichte wurde verherrlicht, an die Stelle des Things setzte der Katholik Hitler die hierarchische Weltordnung des Eingottglaubens mit Führer und Geführten. Das Reichskirchenkonkordat vom 20.7.1933 sicherte das gute Verhältnis von NS-Staat und Kirche.

Schon vor der Machtergreifung der Faschisten warnten Heiden vor dem drohenden Weltkrieg und prangerten die Inhaftierung der Kommunisten und die KZ's an. In der Folge wurde einzelnen Heiden Lehramt und Titel aberkannt, die Gruppen und ihre Zeitschriften wurden verboten. Heiden wie Ernst Wachler oder der Runenforscher Marby kamen ins KZ. Dr. Kusserow erlebte Saalschlachten christlicher Nazis in Veranstaltungen seiner heidnischen Gemeinschaft. Die Unvereinbarkeit des toleranten Heidentums mit allen totalitären Ideologien zeigte sich erneut. Noch heute aber verfolgen religiöse und politische Demagogen die Heiden und ihre freiheitliche Denkweise.

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